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Ladestation auf dem SENS-Parkplatz

Lastmanagement für die Elektromobilität

Ladesäulen managen und Lastspitzen vermeiden

Bis 2030 will die Bundesregierung das Installieren von einer Million Ladesäulen für sechs Millionen Elektrofahrzeuge unterstützen. Wird die bisherige Infrastruktur genutzt, um daran Ladesäulen anzuschließen, werden sich schnell Lastspitzen einstellen, die jährlich mit einem Leistungspreis durch den Energieversorger belastet werden. Daher müssen entweder mit dem Versorger neue Verträge geschlossen oder eine neue Ladeinfrastruktur entwickelt werden. Die ist teuer: Ein neuer Niederspannungshauptanschluss, der eventuell nötig wird, kann allein bis zu 100.000 Euro kosten. Für die Schnellladesäulen bedarf es einer komplett neuen Ladeinfrastruktur, da die Ladeleistung in aller Regel nicht mit dem herkömmlichen Stromnetz abgedeckt werden kann.

Werden mehrere Ladesäulen im halböffentlichen oder öffentlichen Raum installiert, bedarf es eines Lastmanagements, da auch gleichzeitig mehrere Fahrzeuge laden können. Bild: Shutterstock/tornadoflight Werden mehrere Ladesäulen im halböffentlichen oder öffentlichen Raum installiert, bedarf es eines Lastmanagements, da auch gleichzeitig mehrere Fahrzeuge laden können. Bild: Shutterstock/tornadoflight

Im November 2019 erklärten gleich mehrere Energieversorgungsunternehmen in der Europäischen Union, bei auftretenden Lastspitzen (beispielsweise abends) den Strom an privaten Ladestationen zu rationieren, damit es zu keiner Netzüberlastung kommt. Eintreten könnte das schon im kommenden Jahr. Legt man die oben erläuterten Ladeleistungen für eine Normalladesäule zugrunde, könnten die regulären elf oder 22 Kilowatt auf die Hälfte oder ein Viertel reduziert werden. Entsprechend verlängert sich die Ladezeit auf das Doppelte oder Vierfache.

Das Problem ist durchaus real. Denn die Verteilnetze, an denen die Ladesäulen hängen, haben wenig Reserven, um solche Spitzen abzufedern. Nicht jeder Abnehmer von Strom kann außerdem an jedem Ladepunkt die von ihm gewünschte Leistung abrufen. Der Grund dafür ist simpel: Die Verteilnetze wurden zu einer Zeit konzipiert, als an Elektromobilität noch nicht zu denken war. Ihre Anpassung erfolgt anhand der Bedarfe, etwa Bevölkerungswachstum oder Errichtung neuer Gewerbegebiete. Jedoch nicht anhand einer wachsenden Anzahl von Elektroautos.

Privates Laden via Wallbox erzeugt in aller Regel keine Lastspitzen. Bild: Shutterstock/FUN FUN PHOTO

Die Leistung am Standort ist entscheidend

Entscheidend für eine Lösung dieses Problems ist also die Leistung am Standort, an dem die Ladesäulen entstehen sollen. Nur anhand dieser Leistung lässt sich – ohne die Verlegung einer neuen Infrastruktur – die Anzahl der möglichen Ladepunkte und deren Leistung berechnen.

Falls die zur Verfügung stehende Leistung nicht für die gewünschte Anzahl der Ladesäulen ausreicht, man aber nicht auf diese verzichten will, bleibt nur die Eigenerzeugung und eventuelle Speicherung von Strom. Dieser kann dann von den Ladepunkten abgerufen werden.

Eine weitere Möglichkeit wäre, eine Ladesäule zu wählen, die selbst die drohenden Lasten sowie die möglichen Ladeleistungen erkennt und sich abregelt. Der einfachste Weg hier ist, dass für alle Ladepunkte der Ladesäule (in der Regel zwei) die zur Verfügung stehende Leistung gleich verteilt wird. Dieses Prinzip ist aber auch intelligenter zu regeln. So können die Ladesäulen erkennen, wie weit das Laden der Batterie vorangeschritten ist. Ist zudem noch bekannt, welche Strecke ein Fahrzeug wann zurücklegen muss, kann eine Hierarchie festgelegt werden, wer eventuell eine höhere Ladeleistung abrufen kann, da er früher und länger unterwegs ist. Dieses Prinzip ist etwa für Fuhrparks sehr praktisch.

Beachtet werden müssen tagsüber auch die Ladezeiten. Die können sich mit den ohnehin schon vorhandenen Lastspitzen (in Deutschland werktags 8:00, 11:00 und 17:00 Uhr) überschneiden. Eine Ladung in der Nacht wäre also ideal. Tagsüber, etwa auf dem Firmengelände, könnte sich das Laden jedoch überschneiden. Hier hilft ein Lastspitzenmanagement, das das Beladen so reguliert, dass keine Mehrkosten auftreten. Dadurch kann das Laden verzögert werden. In dem zur Verfügung stehenden Zeitraum von acht Stunden, die ein Mitarbeiter in der Firma verbleibt, wäre dies aber normalerweise kein Problem.

Wenn Lastspitzen drohen, können die Ladesäulen auch ganz und gar abgeregelt werden, etwa dann, wenn die Stromversorgung des Betriebes Vorrang hat. Diese Lösung ist aber immer die schlechtere, da die Traktionsbatterien in Elektroautos besser mit kontinuierlichen Ladevorgängen zurechtkommen. Mehrfaches An- und Abschalten der Ladevorgänge wirkt sich negativ auf die Lebensdauer dieser Batterien aus.
 

Lasten intelligent managen

Doch wie funktioniert Lastspitzenmanagement? Es sorgt dafür, dass auf alle zu ladenden Fahrzeuge die Strommenge gleich verteilt wird. Solche Systeme sind softwarebasiert und daher beliebig erweiterbar.

Das Lastmanagement kann man in drei Formen unterteilen:

1. Integriertes Lastmanagement: Hier kann die Gesamtleistung auf mehrere Fahrzeuge verteilt werden. Wird nur ein Fahrzeug geladen, verfügt es über die gesamte Ladekapazität und kann entsprechend schneller geladen werden.

2. Statisches Lastmanagement: Bei dieser Variante wird die Anschlussleistung auf die Ladesäulen fest verteilt. Es steht an jeder Ladesäule auch immer die gleiche Leistung zur Verfügung.

3. Dynamisches Lastmanagement: Hier gibt es eine Interaktion zum aktuellen Stromverbrauch in dem Netz, in das die Ladesäule integriert ist. Was an Leistung unterhalb der Lastspitzen übrig ist, wird auf die zu ladenden Fahrzeuge verteilt.

Neben dem Lastmanagement sind die Ladezeiten auch durch die Ladetechnik im Fahrzeug vorgegeben. Eine 22-kWh-Batterie ist an einer 22-kW-Ladesäule in etwa eineinhalb Stunden wieder vollgeladen. Ein 40 kWh großer Akku braucht etwa zwei Stunden. Die rechnerisch längeren Ladezeiten ergeben sich aus dem Fakt, dass die Ladeleistung während des Ladevorgangs nicht konstant, sondern abhängig vom Zustand der Batterie ist.
 

Eigenstrom und Batterien bieten Lösungen

Umgangen werden können diese Spitzen auch mit eigener Stromerzeugung, die direkt fürs Laden genutzt wird. Hier reicht etwa eine Photovoltaik-Anlage, die auf vielen Firmengebäuden Platz findet. Kann diese noch mit einem Batteriespeicher ergänzt werden, würde der Ladebedarf sogar zu großen Teilen mit selbsterzeugtem Strom abgedeckt werden. Ganz nebenbei würde die Lastspitzenproblematik gleich mit erledigt.
Genau solche Lösungen sind im neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) erwähnt und werden zudem gefördert. Für Photovoltaik und Speicher etwa ist künftig keine monatliche Bilanzierung des selbst genutzten Stroms notwendig. Es reicht eine pauschale Angabe anhand der Leistung der PV-Anlage. Diese Angabe ist gedeckelt auf 20 Prozent des gesamten Jahres-Primärenergiebedarfs ohne und auf 25 Prozent mit Batterie-Speicher. Das bedeutet einen deutlichen Vorteil für solche Lösungen, in denen selbsterzeugter Strom mittels Batterien gesichert und etwa an Elektroautos abgegeben wird.
Speicher und PV-Anlage reduzieren den Bezug aus dem Netz deutlich und somit auch nicht nur die Gefahr von Lastspitzen, sondern auch die eigenen Kosten. Denn selbsterzeugter und gespeicherter Strom kostet heute etwa 15 bis 20 Eurocent je Kilowattstunde. Der Netzbezug schlägt mit 31 Eurocent zu Buche. Werden Lastspitzen erzeugt, die durch den bestehenden Vertrag mit dem Versorger nicht abgedeckt sind, verteuert sich dieser Bezug deutlich.

Photovoltaikanlage, deren Strom direkt für das Laden der hier parkenden E-Mobile genutzt werden kann. Bild: Mirko Sečić

Fazit: Lastspitzen gilt es zu vermeiden


Sollen Lademöglichkeiten im öffentlichen und halböffentlichen Raum installiert werden, muss man zuerst und eher großzügig die bestehenden und künftigen Bedarfe an Ladestrom, und zwar für den normalen und für den Schnelllade-Bereich, berechnen. Als nächstes erfolgt die Analyse der möglichen maximalen Leistung vor Ort, ohne in den Lastspitzenbereich zu geraten. Daraus ergibt sich entweder die Möglichkeit einer Installierung ohne Erneuerung des Netzes oder aber eben deren Notwendigkeit. Bei der Planung der Anlage muss gleich mitberücksichtigt werden, wie die Lastspitzen vermieden werden können. Reicht hier ein Lastmanagement aus oder ist auch die Eigenerzeugung des Ladestroms inklusive dessen Speicherung angeraten?

 

Beitragsbild: Shutterstock/aapsky
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